Panzerballett - Alles verkrasst in der Theaterfabrik Sachsen

"Heavy Metal - Nix im Scheddel...?" hat wieder einmal zu einem Konzert in die Theaterfabrik Sachsen eingeladen. Der Hauptact des Abends ist der Münchner Jazz-Metal Band Panzerballett. Den Support besorgt die junge Leipziger Band Sigosha, die ihr Repertoire als Mental Metal vorstellt und beim Publikum freundliche Aufnahme findet. Mastermind des Panzerballetts ist der Gitarrist Jan Zehrfeld, er führt auch auf eine angenehme Art verbal durch das Programm. Leider muss er gleich zu Beginn verkünden, dass der Saxophonist Alexander v. Hagke krankheitsbedingt fehlt. So kommt ein "Rumpfprogramm" zur Aufführung, welches von den Musikern Joe Doblhofer an der Gitarre, Heiko Jung am
E-Bass und dem Drummer Sebastian Lanser bravourös gemeistert wird.

Der Stil von Panzerballett bewegt sich im Kraftfeld zwischen Heavy Metal und Jazz, gespielt werden Coverversionen sowie Eigenkompositionen. Aus Paul Desmonds "Take Five" wird dann "Fake Five", beim funkigen "Some Skunk Funk" der Brecker Brothers, das in einem irrwitzigen Tempo gespielt wird, kommt der leise Verdacht auf, dass der Wettbewerb in der Fusionsmusik der 1970er Jahre leicht auf die Schippe genommen werden soll.

Beeindruckend sind die Wechsel zwischen filigranen Jazzpassagen und brachialen Metal Ausbrüchen. Bei den Coverversionen gewinnt man mitunter den Eindruck, hier ist ein exzentrischer Uhrmacher am Werk, der eine Uhr erst demontiert und dann entgegen allen Regeln wieder zusammenbaut - zu aller Erstaunen funktioniert die Uhr trotzdem vorzüglich.

In den teilweise ausgeprägten Improvisationsteilen zeigt die Band ihre Klasse. Beim letzten Titel des offiziellen Teils "Friede, Freude, Fußball" kommt Bewegung auf die Bühne, die Musiker spielen mit einer leeren Plastik-Wasserflasche Fußball. Das ist schon ein fast symbolisches Bild, denn auch im Konzert haben sie sich gekonnt die Bälle zugespielt.<br /><br />Nach einer Zugabe muss das Panzerballett trotz großer Nachfrage leider passen, das "Notrepertoire" ist erschöpft. Jan Zehrfeld bittet zum Merchandising-Stand, wo man neben CDs und T-Shirts auch die von ihm getragene "Krässe-Haube" erwerben kann.

Ganz zum Schluss dann noch eine gute Nachricht: Sie wollen im nächsten Jahr wieder nach Leipzig kommen. Die Setlist: The Simpsons; Mustafari; Mit weißglühendem Morgenstern in Omas frischgebackene Rüblitorte; Fake Five; Some Skunk Funk; Vulgar Display Of Sauerkraut; Thunderstruck; Friede,Freude,Fußball; Birdland

Text und Fotos Dieter Lange für radio-mensch

Pere Ubu - Avantgarde aus Cleveland in der naTo Leipzig

Lady From Shanghai", nach einem 1947 gedrehten Film Noir des großen Orson Welles, nennt sich die in diesem Jahr erschienene neueste Kreation der aus Cleveland/Ohio stammenden Band Pere Ubu. Wie schon bei der Namensgebung - Pere Ubu ist die Hauptfigur des 1896 vom französischen Dramatikers Alfred Jarry geschriebenen Stückes "Ubu Roi", das in Handlung, Bühnenbild und Kostümierung Elemente des Dadaismus und Surrealismus vorwegnahm - offenbart sich auch hier die Affinität der Avantgarde-Formation zu Film und Theater. Auch als 2009 Pere Ubu bei ihrem letzten Stop in Leipzig im Programm "Bring Me The Head Of Ubu Roi" das Stück experimentell adaptierten,
bestätigte sich das. Die Musik war zwar integriert, fristete aber ein eher stiefmütterliches Dasein in der großen Halle A von Werk 2. Der Veranstalter hat nun die Entscheidung getroffen, das heutige Konzert in der naTo stattfinden zu lassen. Und das war gut so. Dieser intime Rahmen ermöglicht es auch, dass der großartige Sänger David Thomas locker und entspannt zwischen den Titeln mit dem Publikum kommunizieren kann.

Das Programm wird vom aktuellen Album dominiert, aber auch frühere Werke wie "The Modern Dance" und "Misery Goats" sind bestens integriert. Nun kann man nicht erwarten, dass sich eine seit 1976 existierende Band dauernd neu erfindet, aber Pere Ubu haben sich ihre Frische bewahrt, ein Abgleiten in routinemässiges Abspulen ihrer Musik findet nicht statt. Die Musik kann man vielleicht analog zu einem Bildverarbeitungs- oder Grafikprogramm mit dem Übereinanderstapeln verschiedener Ebenen vergleichen. Die Basics bilden das Schlagzeug von Steve Mehlman und die Bassgitarre von Michele Temple. Darüber gelegt werden in wechselnden Konstellationen die Gitarre von Keith Molin%C3%A9, die Keyboards von Gagarin und das auf Konzertbühnen eher selten anzutreffende Theremin von Robert Wheeler, der auch verschiedene Synthesizer bedient. Und sozusagen als Krönung liegt über allem der unverwechselbare Sprechgesang von David Thomas.

Stilistisch sind Pere ein Unikum, die Musik ist noch immer voller Überraschungen, zu denen unter anderem plötzliche Rhythmuswechsel sowie Einsprengsel ungewöhnlicher Klangfarben gehören. Die Zuhörer machen einen sichtlich zufriedenen Eindruck, als die Musiker nach zwei Bonustiteln die Bühne verlassen. Zum Schluss eine kleine Randbemerkung: David Thomas scheint sichtlich Probleme mit den Gelenken seiner unteren Extremitäten zu haben - er vollzog seinen Auftritt im Sitzen. Aber,wie man einer kürzlich bei arte gesendeten Dokumentation über die Menschwerdung entnehmen konnte, ist das der Preis für den aufrechten Gang.

Die Setlist: Love Love Love; Free White; Mandy; Vacuum in My Head; Over My Head; Breath; Musicians Are Scum; And Then Nothing Happened; The Modern Dance; The Road Trip of Bipasha Ahmed; Misery Goats; Another One (Oh Maybellene); 414 Seconds; Goodnite Irene; Thanks; I Hear They Smoke the Barbecue

Text und Fotos Dieter Lange für radio-mensch

Okta Logue und Their Majesties im Werk 2 Leipzig

Die Beleuchtung der kleineren Halle von Werk 2 stimmt auf die kommenden Bands ein. Trockeneisschwaden wabern durch den dunklen Raum - it´s Psychedelic Time. Their Majesties ist eine der vielen hoffnungsvollen Nachwuchsbands aus Leipzig. Sie halten sich nicht lange bei der Vorrede auf, sondern schalten schnell in die oberen Gänge und nehmen damit auch das Publikum mit. Sie spielen eine hoch interessante Mischung aus Garage, Psychedelia, Blues und Desert Rock. Erdenschwere Passagen wechseln sich mit eingängigen Zwischentönen ab, und dann immer wieder überraschende Ausbrüche. So kommt nie Langeweile auf. Kernstück ihrer Musik sind die sich sehr gut ergänzenden Dialoge zwischen
Keyboards und Gitarre auf einem groovenden Rhythmusteppich. Das kommt alles sehr komplex daher und kann für die Dauer ihres Gigs überzeugen. Pink Floyd haben in den letzten Jahrzehnten unzählige Bands in aller Welt inspiriert und beeinflusst. Auch bei Okta Logue, 2009 in Darmstadt gegründet, ist ihr Spirit auf einen fruchtbaren Boden gefallen. Man würde es sich aber entschieden zu leicht machen, Okta Logue als billiges Imitat von Floyd zu bezeichnen. Dafür ist die Stilbreite der sich mittlerweile zu einer angesagten Live-Band gemauserten Formation, die sich aus Benno Herz (Bass, Vocals), Nicolai Hildebrandt (Organ, Trumpet ), Philip Meloi (Guitar) und Robert Herz (Drums) zusammensetzt, einfach zu breit gefächert.

Unüberhörbar sind amerikanische Einflüsse, nicht umsonst haben Okta Logue vor kurzem eine US-Tournee bestritten. Von der Kritik wurde ihr neuestes Album "Tales of Transit City" durchaus positiv aufgenommen, was auch dessen Vorläufer "Ballads of a Burden" betrifft. Aus Titeln dieser CDs besteht auch ihr heutiges Repertoire.

Im Gegensatz zu ihren Studioproduktionen, bei denen das Instrumentarium noch durch diverse Bläser ergänzt wurde, wird dieses bis auf einige Einsätze der Trompete auf den Kern reduziert, was der Direktheit der Musik gut tut. Okta Logue haben ein gutes Gespür für das Timing ihrer Songs, so besteht nie die Gefahr des Abgleitens in Eintönigkeit. Schade, dass nicht mehr Zuschauer den Weg zu diesem Konzert gefunden haben. Das wird bestimmt beim nächstenmal anders.

Die Setlist: Transit; Let Go, Shine Like Gold; Everyday; Dream On; You; Nuded; Cats In The Alley; Justin; Deal With The Digger; Bright Lights; Decay; Mr. Zoot Suit; Chase The Day

Text und Fotos Dieter Lange für radio-mensch

Mudhoney - 25 Jahre Grunge aus Seattle im Werk 2 Leipzig

Zu ungewohnt früher Stunde (wegen des Finales der Champions League wurde der Beginn vorverlegt) stehen die Newcomer von Treatment aus dem australischen Sidney schon um 18.00 Uhr auf der Bühne der Halle D von Werk 2 und beginnen einen fulminanten Auftritt. Es ist dem Quartett, das sich einer Art Highspeed-Garagenpunk verschrieben hat, nicht anzumerken, dass sie noch nicht lange im Geschäft sind. Obwohl die Halle zuerst spärlich gefüllt ist, legen sie sich voll ins Zeug und können sich zum Ende ihres Auftritts hin sogar noch steigern. Respekt! Alles begann mit Green River. Die 1983 gegründete Band wird oft als erste
Grungeband bezeichnet. Zu ihren Gründungsmitgliedern gehörten Mark Arm (Guitar/Vocals) und Steve Turner (Guitar), die sich nach dem Split von Green River (Turner war schon früher ausgestiegen) 1988 wiedertrafen und Mudhoney formierten.

Der Rest landete bei Pearl Jam, die zusammen mit Nirvana, Soundgarden und eben Mudhoney zu den tragenden Säulen der Grungebewegung zählen sollten. Pearl Jam machten auch Schlagzeilen durch ihre Zusammenarbeit mit "Don Grungeone" Neil Young zu Beginn der 1990er Jahre. Und hier schließt sich ein Kreis. Das ungezügelte und abseits jeglicher Virtuositätangesiedelte Spiel von Neil Young und seiner Begleitband Crazy Horse hatte großen Einfluss auf die Grungeszene in Seattle und somit auch auf Mudhoney. Ihr Programm ist ein Querschnitt durch das Schaffen der 25 Jahre ihres Bestehens, der Opener ist "Slipping Away" von ihrem neuesten Werk "Vanishing Point", das im weiteren Verlauf naturgemäß eine zentrale Rolle spielt. Zu Beginn spielt Mark Arm, etwas wie eine Light-Ausgabe von Iggy Pop wirkend, neben seinem Gesang auch Gitarre. Später konzentriert er sich auf seine Rolle als Frontmann, was er sich ohne weiteres leisten kann, denn Steve Turner kann den Gitarrenpart locker alleine lösen. Bei der Erzeugung seiner schrägen Töne wird er trefflichst von Guy Maddison am Bass und Dan Peters (ein weiteres Gründungsmitglied) an den Drums assistiert. Ihre wuchtigen Grooves verleihen dem Ganzen die nötige Erdenschwere.

Musikalisch ist schnell erkennbar, dass die Musik von MC 5, den Stooges und den Dead Kennedys in ihrer Plattensammlung einen festen Platz gefunden hat. Mudhoney zeigt, dass sie den Grunge nicht unbedingt neu erfinden müssen, sich aber die nötige Frische und Unangepasstheit bewahrt haben, um den mittlerweile gut gefüllten Saal in Bewegung zu bringen. Diese findet besonders intensiv in der Mitte vor der Bühne statt, wo eine Gruppe jüngerer Fans mittels Crowd Surfing Leibesertüchtigung betreibt. Nach einer Zugabe mit drei aktuellen Titeln verlassen die Musiker von Mudhoney unwiderruflich die Bühne und überlassen dem Fußball das Feld.

Die Setlist: Slipping Away; I Like It Small; You; Suck You Dry; Get Into Yours; F.D.K. (Fearless Doctor Killers); In This Rubber Tomb; Sweet Young Thing; Judgment, Rage, Retribution &; Thyme; No One Has, Good Enough; Douchebags On Parade, Touch; What To Do With The Neutral; I´m Now; The Final Course; I Don´t Remember You; Chardonnay; The Only Son Of The Widow From Nain

Text und Fotos Dieter Lange für radio-mensch

Mono - Wie ein Soundtrack im UT Connewitz Leipzig

Der heutige Abend im UT Connewitz steht ganz im Zeichen des Postrock. Mono, die Protagonisten des Events, haben deshalb jeffk aus Leipzig als Support angeheuert. Und damit haben sie eine gute Wahl getroffen. Das Trio lässt sich nicht lange bitten und nach einigen Sekunden laufen sie auf voller Betriebstemperatur. Stilistisch offenbart sich Postrock als breites Spektrum zwischen Sigur Roos und Mogwai. Jeffk ist darin stilistisch am ehesten vielleicht mit den amerikanischen Caspian vergleichbar. Sie kombinieren ihre Gitarrenwände mit Loops und anderen elektronischen Effekten. Die 2000 in der japanischen Metropole Tokyo gegründeten Mono verkörpern einen gänzlich anderen Musizierstil. Zwar wird auch
hier in der für den Postrock typischen Art und Weise mit der musikalischen Dynamik gespielt. Sie spielen hauptsächlich Titel aus ihrem aktuellem Album "For My Parents" und dessen Vorgänger "Hymn To The Immortal Wind". Mono, das sind sein Gründer Takaakira Goto (EGitarre/ Glockenspiel), Tamaki Kunishi (E-Bass/ Glockenspiel), Yasunori Takada (Schlagzeug/Perkussion) und Yoda (E-Gitarre/ Glockenspiel). Sie starten mit "Legend", das wie alle anderen rein instrumentalen Stücke auch als Soundtrack für einen Film über japanische Landschaften laufen könnte.

Mono nehmen sich die Zeit, ihre Musik langsam reifen zu lassen. Sie bauen die Spannung in gemächlichem Tempo auf, auch die Steigerungen in der Lautstärke vollziehen sich ohne Hektik. An den Höhepunkten wirkt ihre konzertant aufgebaute Musik sehr dramatisch. Bei Titeln wie "Unseen Harbour" und "Ashes In The Snow" werden auch Ruhepunkte eingebaut, nach denen die nachfolgenden Ausbrüche um so beeindruckender erscheinen. Wie schon die Titel aussagen, haben Mono einen tiefen Bezug zur fernöstlichen Mystik. Auch ihre musikalische Umsetzung offenbart ihre Verbundenheit mit der japanischen Musiktradition.

Die Musiker sind äußerst konzentriert bei der Sache und verzichten auf das übliche Posing. Yoda geht allerdings ab und an in die Horizontale, um seine Effektgeräte zu bedienen. Nach ungefähr neunzig Minuten inklusive Zugabe werden wir in die "Stille" entlassen.

Die Setlist: Legend; Nostalgia; Dream Odyssey; Pure as Snow (Trails of the Winter Storm); Follow the Map; Unseen Harbor; Ashes in the Snow; Everlasting Light

Text und Fotos Dieter Lange für radio-mensch
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