Im Haus Auensee versammeln sich vorwiegend Fans, die in 1970er und 1980er Jahren auf die Musik der drei beteiligten Bands dem UK, nämlich Wishbone Ash, Barclay James Harvest und Manfred Mann´s Earth Band abgefahren sind. Nun sind seitdem einige Jahre ins Land gegangen und in der Rock-Szene ist der Stellenwert der drei Protagonisten dieses Abends nicht mehr ganz der selbe. Zudem haben viele Einflüsse zu Veränderungen innerhalb der Bands geführt. Dem pünktlichen Anfang machen dann Martin Turner´s Wishbone Ash mit dem Gründungsmitglied von den Ur-Wishbone Ash Martin Turner (Vocals, Bass), komplettiert von Danny Willson (Guitar, Vocals), Ray Hatfield (Guitar, Vocals)
und Dave Wagstaffe (Drums, Percussion, Vocals). Schon zu DDR-Zeiten war die Band 1987 zu Gast in Leipzig und focht einen heroischen Kampf mit der grausigen Akustik der Messehalle 2 aus. Dazu muss man wissen, dass Martin Turner, der bis 1980 bei Wishbone Ash den Bass zupfte, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dabei war. Von den Gründungsmitgliedern waren nur noch Drummer Steve Upton und Gitarrist Andy Powell, der noch mit den "originalen" Wishbone Ash aktiv ist, dabei. Der Rezensent und wahrscheinlich auch viele andere Leipziger Rockfans hatten die Gelegenheit diese Formation im Vergleich live zu erleben.
Es existieren also zwei Wishbone Ash - Formationen in einer Parallelwelt, sozusagen ein "doppeltes Lottchen". Hierzu muss bemerkt werden, dass es sich keineswegs um Zwillinge, sondern um recht unterschiedliche Geschwister handelt. Das Markenzeichen von Wishbone Ash war das filigrane, fließende Zusammenspiel zweier Leadgitarristen, das zuweilen sehr melodisch, aber auch sehr rockig war. Bei allem Bemühen ist das Filigranebei Martin Turner´s Wishbone Ash etwas auf der Strecke geblieben, das Rockige tritt mehr in den Vordergrund und wirkt bisweilen ziemlich hölzern. Zum Repertoire gehören natürlich ihre Klassiker, besonders vom Top-Album "Argus", wie "Warrior" und "The King Will Come", aber über den Eindruck, es mit einer, wenn auch guten Coverband zu tun zu haben kann das nicht hinwegtäuschen, was auch dem Gesang geschuldet ist. Und nach einer Umbaupause werden wir gleich mit dem zweiten "doppelten Lottchen" konfrontiert. Auch von Barclay James Harvest, die in den 1970er und 1980er Jahren speziell in Deutschland große Erfolge feierten, existieren zwei Parallelbesetzungen. Zum einen John Lees´´ Barclay James Harvest, zum anderen Barclay James Harvest feat. Les Holroyd, mit denen wir es heute zu tun haben. Barclay James Harvest hatte im UK bei den Kritikern und dem Publikum keinen leichten Stand und lief unter der Bezeichnung "Moody Blues für Arme". BJH kompensierte das durch eine begeisterte Aufnahme in Old Germany, gekrönt durch Auftritte vor einem Millionenpublikum, speziell in Berlin. Die Musiker scheinen diesem Erfolg noch intensiv nachzutrauern, will man ihrem sauren Minenspiel auf der Bühne Glauben schenken. In einer Fassung des alten Märchens vom Schlaraffenland muss sich der Suchende zuerst durch einen Berg, der aus süßem Brei besteht, hindurchfuttern, um das Schlaraffenland genießen zu können. Am heutigen Abend besteht dieser Berg allerdings aus musikalischer Zuckerwatte, mit der Barclay James Harvest feat. Les Holroyd den Saal füllen. In der Musik ist kaum Bewegung, mit Routine und den Stilmitteln vergangener Zeiten nimmt das Konzert einen recht zähen Verlauf. Um die Stimme Les Holroyds richtig genießen zu können, muss man schon eingefleischter Fan von BJH sein. Zum Abschluss kommt auch einer ihrer größten Hits "Hymn" zu Gehör.
Aus verschiedenen Gesprächen mit Gästen der Veranstaltung kann man entnehmen, dass Manfred Mann´s Earth Band der Hauptanziehungspunkt dieses Konzerts ist und folgerichtig auch den Abend beschließt. Der Südafrikaner Manfred Mann hat eine bemerkenswerte, über fünfzigjährige Karriere in der Musikwelt hinter sich. Angang der 1960er Jahre geht er nach London und gründet eine vom R&&B beeinflusste Band, die beachtliche Charterfolge feiert. Nach einer kurzen Episode mit den experimentellen Manfred Mann Chapter Three, die versuchen, Rock und Free Jazz zu vereinen, gründet er schließlich 1971 seine Earth Band, deren größte Erfolge auf neu, höchst intelligent arrangierten Coverversionen anderer Komponisten beruhen. Und da sind wir auch mitten im Konzert seiner Earth Band, bestehend aus Manfred Mann (Keyboards, Vocals), Gründungsmitglied Mick Rogers Guitar, Vocals), Steve Kinch (Bass Guitar), Jimmy Copley (Drums, Percussion) und Robert Hart (Vocals) und werden nicht enttäuscht. Man merkt, dass Manfred Mann nicht stehengeblieben ist, sondern seinen Klassikern durch seine neuen Arrangements neue Nuancen gibt. Dabei kann er auf Musiker bauen, die diese Arrangements durch zum Teil mitreißende Improvisationen ergänzen. Besondere Highlights setzen sie mit Bob Dylans "Father of Day, Father of Night" (Hier muss allerdings die Frage erlaubt sein, warum der ansonsten phantastische Sänger Robert Hart hier von Mick Rogers ersetzt wird.), "Spirits in the Night", "Blinded by the Light" und "Don´´t Kill It Carol". Ein qualitativ recht durchwachsener Konzertabend geht mit einer mitreißenden Band zu Ende, vielleicht hätte man Manfred Mann´´s Earth Band als Top Act eine der vielen guten zeitgenössischen Bands als Support zur Seite stellen sollen, auch unter dem Aspekt, einem reiferem Publikum Appetit auf aktuelle Rock-Musik zu machen.
Text und Fotos Dieter Lange für radio-mensch